Abschied

Die letzten Tage in Isoko waren noch gut gefüllt, mit dem aufschlussreichen und netten Besuch von Raimund Hertzsch von der Direktion, einem letzten Seminar und Arbeit bis zum Schluss. Das Seminar war über Känguru- Pflege von Frühgeborenen. Ich nahm an, dass keine der Krankenschwestern sich bis auf die Haut ausziehen würde und habe deshalb Dr. Kita gebeten, sein Hemd zu öffnen – allerdings hatte er unerwarteter Weise ein Unterhemd an. Die Puppe hat trotzdem drunter gepasst und ich denke, der wichtige, direkte Haut- zu- Haut- Kontakt blieb auf diese Weise vielleicht noch eindrücklicher.

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Am Mittwoch waren wir bei Enea zum Abschiedsessen eingeladen. Allerdings musste sie noch auf uns warten, denn wir konnten abends noch Zwillingen auf die Welt verhelfen (Luise ist schon halbe Hebamme). Die Mutter war morgens gekommen, mit einem riesigen Bauch. Dr. Shibanda hat, nicht sehr ausführlich, Ultraschall gemacht und in die Akte geschrieben: „möglicherweise Zwillinge“ – das hatten wir per Handuntersuchung auch schon festgestellt… Die nachmittags diensthabende Schwester hat nur eine einjährige Ausbildung und ist weder die schnellste, noch die schlaueste. Im diesem Dienst sind sie immer alleine im Kreißsaal + Wochenstation, das ist wirklich keine gute Situation. Kurz nach 18.00 Uhr sind jedenfalls die Kinder gut geboren, zwei fitte, prächtige Jungs. Das war ein schöner Abschluss!

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Direkt danach sind wir zu Eneas Haus gegangen, sie hatte den Hof mit Klopapier- Girlanden dekoriert und mit Kerzen und Kochofen eine „Grillparty“ vorbereitet. Es war ein wirklich wunderschöner Abend, sehr romantisch mit den leuchtenden Sternen über uns (ein etwas verrauchtes Bild):

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Am nächsten Tag hat Dr. Shibanda nach der Morgenandacht noch eine Dankesrede gehalten und uns beiden je einen wunderschönen Kitenge geschenkt „damit wir eine Erinnerung an Isoko haben“. Er meinte, unser Einsatz sei viel zu kurz gewesen, Luise würde ja sowieso wiederkommen 😉 aber ich sollte auch unbedingt wiederkommen, für mindestens ein halbes Jahr, lieber länger. Das ist natürlich ein schönes Kompliment, es gäbe auch genug zu tun… Ich habe dann noch offiziell „Edina“ die Puppe und das Becken überreicht und nach einem letzten Tee mit Luise kam schon das Auto für die Fahrt nach Mbeya.

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Jetzt sitze ich auf einer ziemlich unbequemen Bank im Flughafen in Dar es Salaam und warte, dass der Schalter zum Einchecken öffnet. Gestern und heute Morgen habe ich noch eine Zusammenfassung und Ausblick meiner Zeit hier geschrieben. Ich hänge es mal unten an, wem noch nicht langweilig ist, kann es gerne lesen.
In Deutschland hat es schon geschneit und die Weihnachtsmärkte sind in vollem Gange – das ist in der schwülen Hitze von Dar es Salaam gerade schwer vorstellbar. Wer noch anderen eine Weihnachtsfreude machen möchte, ist herzlich eingeladen, der Herrnhuter Missionshilfe was zu schicken, mit dem Hinweis: „Isoko“ oder „Isoko Waisenprojekt“. Kontonummer: IBAN DE25 5206 0410 0000 4151 03 – BIC (Swift Code) GENODEF1EK1
Hiermit schließe ich also den Blog. Danke für’s Mitlesen, Mitbeten und für alle Kommentare! Ich komme gerne mit Bildern zu Gemeinden und zu Gruppen, bitte gerne Kontaktaufnahme über meine Email- Adresse: ch.klingner@freenet.de. Das Internet in Königsfeld ist hoffentlich weiterhin schneller als in Isoko und zu jeder Tageszeit funktionstüchtig…
Ich wünsche Euch allen eine gesegnete Adventszeit!

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„Subiri kidogo“ – Warte einen Moment
Zusammenfassung und Ausblick meines Freiwilligen- Einsatzes im Isoko- Hospital vom 7.10. bis 6.12. 2015
Im Auftrag der Herrnhuter Missionshilfe konnte ich im Oktober als Hebamme zu einem zweimonatigen Freiwilligen- Einsatz nach Isoko/Ileje im südlichen Hochland Tansanias reisen. Ziel war, die Arbeit im Krankenhaus kennenzulernen und zu unterstützen und Einblick zu bekommen in das „Isoko Waisen- Projekt“, das dem Krankenhaus angeschlossen ist. Mein persönliches Ziel war, die Hebammen bei ihrer Arbeit zu begleiten und in neuen Methoden der Geburtsbegleitung zu schulen.
Mit mir zusammen ist Luise Schiewe als Krankenschwester gereist. Sie ist ein wenig länger als ich in Isoko geblieben und wir haben zusammen gewohnt und gearbeitet. Luise und ich haben wunderbar zusammengepasst, sie ist klug, unkompliziert, engagiert und hat mir mit ihren Kiswahili- Kenntnissen unglaublich geholfen. Durch sie habe ich Einblick in die Arbeit der anderen Stationen und der Ambulanz bekommen, der fachliche Austausch war sehr bereichernd und das Zusammenleben einfach nur schön.
Die Unterbringung war, nachdem die Renovierung abgeschlossen war, in einem sehr schönen ehemaligen Ärztehaus. Wir wurden auf das Beste umsorgt und verpflegt von Enea Kajange und den Waisenmädchen, die bei ihr wohnen. Enea ist die Leiterin des Waisenprojektes. Sie spricht ein ausgezeichnetes Englisch, ist den Umgang mit Weißen gewöhnt und ist uns mit ihrer fröhlichen, liebevollen Art, eine echte Freundin geworden.
Da ich schon mehrere Krankenhäuser in Tansania kennengelernt habe, war ich über die relativ gute Ausstattung positiv überrascht. Natürlich sind, unter anderem, einige der Stationen und der Wartebereich der Ambulanz sehr renovierungsbedürftig, aber von den Räumlichkeiten her, den Geräten und dem Fuhrpark ist es nicht schlecht.
Ich habe versucht, in alle Bereiche der Hebammenarbeit, einschließlich der ambulanten Schwangerenbetreuung und Verhütungs- und HIV- Beratung, hineinzuschauen, aber war die meiste Zeit im Kreißsaal, auf der Wöchnerinnenstation und bei den stationären Problem- Schwangeren.
Die tansanischen Kolleginnen und die Ärzte waren alle ausgesprochen nett und sehr begierig, Neues zu lernen und/oder das, was sie mal in der Schule gelernt, aber nie angewendet haben, in der Praxis zu sehen. Nach kurzer Zeit konnte ich anfangen, kleine Seminare zu halten über folgende Themen: Vorteile der aufrechten Gebärhaltung, verbesserte Positionen bei Steißlagengeburten, ein Spezialtraining für die Ärzte und Stationsleitungen zu Problemen bei Steißlagengeburten, Wiederbelebung von Neugeborenen, Känguru- Pflege bei Frühgeburten, Hygiene, Kommunikation und Patientenrechte. Als Medien hatte ich Plakate, kleine Lehrfilme, eine Demonstrationspuppe und ein Becken mitgebracht. Die Seminare wurden gut besucht und im Alltag immer wieder zitiert, so dass vielleicht das eine oder andere hängen bleibt. Die alternativen Gebärhaltungen konnte ich vielfach mit den Kolleginnen bei Geburten praktizieren – da hat sich sicher in der Geburtsbetreuung etwas geändert, was hoffentlich anhält.
Dr. Shibanda, der Chefarzt, ist ein unglaublich offener und ausgesprochen engagierter Arzt. Neben Operationen und Krankenbetreuungen tagsüber, wird er oft nachts bei Notfällen angerufen. Er hat etliche andere Aufgaben und muss das Krankenhaus gegenüber den staatlichen Gesundheitsbehörden vertreten und verantworten. Er kämpft ebenfalls mit fehlenden Formularen und ungenauer Dokumentation. Leider geht er nächstes Jahr in Rente, wie auch noch zwei der anderen Ärzte.
Das Waisenprojekt konnten wir durch die Berichte von Enea und aus eigener Anschauung bei Besuchen und Seminaren von Waisen gut kennenlernen. Viele der Waisen nutzen die Chance auf Bildung sehr gut und werden befähigt, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Enea ist ein Genie im Organisieren und Umsetzen von Ideen, um die Lage ihrer Schützlinge zu verbessern und sie zu befähigen, eigene Geldquellen zu erschließen. Sie ist dabei, eine elektronische Datenbank der einzelnen Waisen aufzubauen, aber das braucht sehr viel Zeit.

Herausforderungen:
– Ein großes Problem ist das völlige Fehlen von Planungssicherheit: seit wenigen Jahren gibt es im etwa eine Stunde entfernten Itumba ein staatliches Krankenhaus im Bezirk und die Regierung bezahlt nur ein Bezirkskrankenhaus. Es ist völlig ausgeschlossen, dass der Krankenhausbetrieb nur von der Kirche getragen werden kann. Bis jetzt gibt es noch die Kooperationsverträge mit den Gesundheitsbehörden, aber wie das unter der neuen Regierung wird, weiß noch keiner. Für die Patienten wäre die Schließung, wegen der Unerreichbarkeit der anderen Klinik, eine Katastrophe.
– Die geographische Lage in den Bergen mit sehr schlechten Straßen und fehlender Infrastruktur macht den Einsatz von schweren Landrovern erforderlich, die Unmengen teures Benzin verbrauchen. Das ist ein großer Kostenfaktor des Krankenhauses und des Waisenprojektes.
– Es fehlt gut ausgebildetes Fachpersonal. Die meisten der Pflegekräfte haben nur eine einjährige Ausbildung, aber arbeiten z.T. alleine in Bereichen, die unbedingt eine höher qualifizierte Ausbildung erfordern (zB. die Geburtshilfe). Es gab Zwischen- und sogar Todesfälle dadurch.
– Die Beschaffung von Medikamenten ist schwierig und von der Weitsicht und dem Engagement des Chefarztes abhängig. In den angeschlossenen Dispensaries fehlen manchmal wichtige Medikamente – da müssten die Lieferungen häufiger sein.
– Die Ordnung und das Dokumentationssystem sind dringend verbesserungswürdig. Oft müssen Geräte, Instrumente, Akten oder sogar Medikamente lange gesucht werden, was viel Zeit in Anspruch nimmt und für die Patienten lebensbedrohlich werden kann.
– Weitere Schulungen und Fortbildungen sind sehr gewünscht. Unbedingt sollten von Zeit zu Zeit Kontrollen über das Gelernte stattfinden.

Was können wir tun?
– Weitere Freiwilligen- Einsätze halte ich durchaus für sinnvoll, am besten für die Zeit von mehreren Monaten. Es kann medizinisches Fachpersonal jeglicher Art sein (SchülerInnen/StudentInnen halte ich eher für nicht so hilfreich), gerne auch Ärzte, die zB. eine bestimmte Operationsmethode schulen (da könnte dann auch eine kürzere Zeit ausreichen). Sie (bei Ärzten reicht auch Englisch) sollten einigermaßen Kiswahili können, da die Schwestern nur schlecht bis gar nicht Englisch sprechen.
– Sehr wünschenswert wäre ein Einsatz von Computer- affinen Menschen (diese können durchaus SchülerInnen oder StudentInnen sein), die Enea Kajange bei ihrer Büroarbeit und dem Aufbau der Datenbank für das Waisenprojekt unterstützen können. Sie sollten ganz gut Englisch können für die Berichte.
– Dem Krankenhausbudget fehlen Mittel für neue medizinischen Geräte und Renovierungsprojekte, für diese brauchen sie dringend zusätzliche Geldmittel. Auch für die Dispensaries gibt es eine ganze Liste mit zusätzlichem Bedarf.
– Die Ausbildung eines oder mehrerer neuer Verantwortlicher für den Heilpflanzengarten sollte dringend unterstützt werden. Es gibt schon Kontakt zu einer deutschen Apothekerin, der dazu genutzt werden kann.
– Das Waisenprojekt ist eine unbedingt unterstützenswerte Arbeit und sollte weiter gefördert werden. Zusätzlich könnte es einen Sonderaufruf geben für die notwendigen plastischen Operationen von zwei Waisenkindern.
Warum „subiri kidogo“? Das war eine der Phrasen, die ich sehr häufig gehört und auch selbst gesagt habe. Das Warten- Können und die Geduld der Tansanier sind unglaublich. Zum einen ist Geduld natürlich eine der Grundregeln der Geburtshilfe, aber andere Patienten haben mir oft nur leidgetan, wenn sich die Hilfe sehr verzögert hat, manchmal wegen Stromausfall, manchmal wegen des Ärztemangels, manchmal einfach aus organisatorischen Gründen oder weil die Schwestern etwas suchen mussten. Natürlich hat „subiri kidogo“ auch uns selbst betroffen, angefangen von der verzögerten Anreise mit dem Zug, die schlechte Internetverbindung, die anstrengenden Autofahrten bis hin zu den Krankenschwestern, die manchmal einfach nur bequem auf ihren Stühlen saßen und geplaudert haben, statt aufzuräumen, zu putzen oder außer der Reihe mal Instrumente zu sterilisieren.
Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Arbeit tun konnte und danke den Verantwortlichen der HMH, besonders Fred Walch, für alle Unterstützung. Die Begegnung mit vielen wunderbaren Menschen, die großartige Landschaft Isokos, das Kennenlernen und der Austausch von Herausforderungen und Chancen, haben mich reich gemacht. Vielleicht – subiri kidogo – kann ich eines Tages zurückkommen.

Wilde Tiere

Für die Hinfahrt von Dar es Salaam nach Mbeya hatten wir uns für den Zug entschieden, weil der durch zwei Nationalparks fährt und wir auf Elefanten gehofft hatten. Leider mussten wir mit ein paar Hühnern und Ziegen vorlieb nehmen. Aber natürlich gibt es auch in Isoko wilde Tiere. Bei unserem ersten Besuch vom Markt in Katengele haben wir dort in der Nähe diese beeindruckenden Vögel gesehen, die etwa 1m groß sind und wenn sie fliegen, haben sie weiße Flügelspitzen – sehr schön! Wir haben sie als Hornraben identifiziert.

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Manchmal sitzen in den Bäumen vor unserem Haus Hornschnäbel, aber leider ist mein Foto von ihnen verwackelt – sie wollten einfach nicht still halten. Auf der Wiese vor dem Fenster hüpfen morgens jede Menge winzige braun- rote Vögelchen, so klein wie Zaunkönige. Ansonsten sind die wilden Tiere eher kleiner, zum Beispiel Heimchen oder Grashüpfer. Sie bewohnten unser Haus, bis wir aus einer Haferflockenschachtel ein perfektes Fanggerät entwickelt haben und sie relativ konsequent rausschmeißen. Auch die Ameisenstraßen die unsere Küche durchzogen und Fruchtfliegenschwärme haben wir gut im Griff, seitdem wir eine geschlossene Dose für die Obstschalen und Essensabfälle haben.
Auf unseren Fahrten haben wir ab und zu Affen gesehen und Luise ist ein schönes Bild gelungen:

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Letztes Wochenende haben wir uns zwei Tage Urlaub gegönnt (und Enea als „Dankeschön“ dazu eingeladen) und zwar in Matema am Lake Malawi, der hier in Tansania noch Lake Nyassa genannt wird. Dort hatten wir ein kleines Häuschen direkt am Strand mit Seeblick und einem Mangobaum vor der Tür mit sehr leckeren kleinen Mangos. Das Wasser war herrlich, badewannenwarm und glasklar, so dass wir gleich morgens vor dem Frühstück baden gegangen sind und abends sowieso. Natürlich war die Unterbringung echt afrikanisch, das Wasser lief nicht, obwohl sehr verheißungsvoll eine Dusche von der Decke hing, sondern es stand ein 30 l- Eimer in einer Ecke. Strom gab es auch nur sehr sporadisch, aber das sind wir ja gewöhnt. Abends hatten wir im Bad Besuch von 3 Riesenschaben, bestimmt 5 cm lang. Eine war in meinem Kulturbeutel, obwohl der an der Wand hing. Das fand ich dann nicht mehr so lustig…

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Am Samstag sind wir mit einem Einbaum am Ufer entlang gerudert worden zu einem Töpferdorf. Die Frauen und jungen Mädchen stellen aus Ton aus den umliegenden Bergen wunderschöne Schalen und Töpfe her. Die Preise würden jedem deutschen Töpfer die Tränen in die Augen treiben – ich habe eine große 1,5 l- Kanne für 2.50 € gekauft.
Auf dem Rückweg haben wir an einer Bucht angehalten und mit geliehenen Taucherbrillen geschnorchelt. Es gibt Buntbarsche in den herrlichsten Farben, verschiedenen Blautöne, Gelbe, Weiße, Brauntöne, oft mit Zebrastreifen. Ich bin das erste Mal richtig geschnorchelt (und habe mir gleich einen Sonnenbrand geholt) und Enea ist halb ertrunken, weil sie das Schnorchel- Ende immer ins Wasser getaucht hat. Glücklicherweise kann man fast überall stehen und wir hatten viel Spaß.

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Am Sonntagmorgen sind Luise und ich mit einem Führer zu einem Wasserfall gewandert auf einem schmalen, steinigen Kletterpfad durch den Urwald am Fluss entlang und mit etlichen Durchquerungen. Mit billigen Sandalen an den Füßen eine echte Herausforderung… Oben steht man dann recht plötzlich vor dem prächtigen Wasserfall über helle Felsen, bestimmt 80 m hoch. Auch dort sind wir geschwommen, das Wasser war erfrischend kalt.

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Im Wald haben wir ein paar Paviane gesehen (leider zu schnell für ein Foto) und Schmetterlinge in den prächtigsten Farben.

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Die Rückfahrt war sehr heiß, natürlich hatte Enea unterwegs noch einige Geschäfte zu tätigen und eine Besprechung mit einem Partnerschaftsausschuss, so dass wir erst spät wieder im vertrauten Isoko waren. Jetzt ist meine Zeit hier fast zu Ende und es wird mir, trotz aller Freude auf die Familie, schwer fallen, diesen schönen Ort und die lieben Menschen zu verlassen. Die wildesten Tiere Isokos werde ich allerdings nicht vermissen: die Malaria- Mücken. Es gibt jede Menge Malaria- Fälle im Krankenhaus und wir vernebeln abends die gute Luft mit Moskitospray.

Safari

Alle Reisen in Tansania sind mit einem gewissen Aufwand verbunden (siehe Anreise). Hier in Isoko und Umgebung gibt es noch ein paar besondere Herausforderungen. Stellt Euch das Allgäu vor, und zwar nicht unten, sondern richtig oben in den Bergen. Denkt Euch, statt der Almen, Bananenstauden und kleine Mais- und Bohnenfelder. Dann nehmt einen etwas breiteren Bergpfad, steil mit engen Haarnadelkurven, steinig, mit tief ausgewaschenen Quer- Furchen. Das sind die normalen, sprich: die besseren Straßen. Wie die von den Tansaniern als „rau“ bezeichneten Straßen sind, überlasse ich Eurer Fantasie.IMG_7497

Die Fahrer des Krankenhauses sind wahre Künstler und haben uns immer glücklich an unsere Ziele gebracht. Ab und zu muss man mal ein Paar Ziegen aus dem Weg hupen oder ein staunendes Kindchen von der Straße tragen. IMG_1082

Viele der Transporte sind auf „Pikipiki“ – Motorrädern, selten sieht man nur einen Fahrer, meistens sind es 3 oder, mit Baby, sogar 4. Das Krankenhaus hat eigene Autos, eins ist eine Ambulanz, sogar mit Martinshorn (hauptsächlich um die Kühe zu vertreiben). Die Fahrt auf der Liege muss ziemlich schrecklich sein und nicht jeder Schwerkranke überlebt sie, aber immerhin kommen die Gebärenden in der Regel mit vollständig eröffnetem Muttermund bei uns an… Das Einzugsgebiet ist riesig, oft ist der Fahrer für eine Strecke über eine Stunde unterwegs. Deshalb hat das Krankenhaus Häuser und Stationen für Schwangere, die hier auf die Geburt warten. Das hat, laut Dr. Shibanda, die Mortalitätsrate von Müttern und Kinder deutlich gesenkt.
Wenn es schon mal einen Transport gibt, wird das reichlich ausgenutzt. Neben unzähligen Passagieren, stapeln sich die Säcke mit Mais, Mehl, Früchte, Hühnerkäfige, Futter und ähnliches. Es müssen unglaubliche Gewichte sein. Letzte Woche waren wir in Ibungu, wo die Brüdergemeine Rhein/Main ein Wasserprojekt finanziert hat. Wir konnten den Tank besichtigen und mit den Leuten sprechen. Sie sind sehr zufrieden, es gibt Wasser das ganze Jahr über. Die Gegend dort ist sehr trocken. Danach sind wir nach Rungwe gefahren, wo wir an der Abschlussfeier der Berufsschul- Absolventen teilnehmen konnten (einige von Eneas Waisenkindern haben ihre Prüfungen bestanden) und die kleine ambulante Krankenstation mit angeschlossenem Kreißsaal besichtigt haben. Auf dem Rückweg hat unser Fahrer frische Fische aus dem Lake Nyassa gekauft und vorne auf der Motorhaube festgemacht „zum Trocknen“. Wir haben ihn am nächsten Tag wieder gesehen, er war – ohne Fischvergiftung – ganz vergnügt und sagte, der Fisch habe gut geschmeckt!IMG_7551
Natürlich kann man auch Laufen, das ist auch hier das häufigste Fortbewegungsmittel. Neulich samstags sind wir mit einem Mitarbeiter des Labors fast zwei Stunden lang den steilen Weg zum Markt hinaufgestiegen, dummerweise in der Mittagshitze, aber er musste noch bis 10 Uhr arbeiten.IMG_7434

Wir hatten Turnschuhe an und waren ohne viel Gepäck, aber die Frauen, die vor und hinter uns kamen oder uns begegnet sind, kamen in Plastikschlappen oder barfuß mit riesigen Lasten auf dem Kopf, oft freihändig balancierend. Das muss man erstmal nachmachen… Interessanterweise tragen die Männer, die auch ungeheure Lasten schleppen, nie etwas auf dem Kopf, sondern immer auf den Schultern oder in der Hand.
Wenn man auf Safari ist, besucht man natürlich irgendwen, in unserem Fall sind wir immer wieder in Gemeinden oder bei Festen. Nach stundenlangen (das kann locker mal 5 Stunden gehen) Gottesdiensten sind dann alle hungrig und bekommen auch was zu essen, auch wenn dazu der Ugali in den riesigen Töpfen von zwei Frauen gerührt werden muss. IMG_7558

Wir versuchen auch immer, die Fahrten mit etwas „Dienstlichem“ zu verbinden, meistens Besuche bei Waisenkindern. Gestern haben wir auf dem Weg nach Ibaba das Baby besucht, dessen Mutter vor 4 Wochen an der schweren Pneumonie gestorben ist. Ich wollte es unbedingt nochmal wiegen, weil es so abgenommen hatte, nachdem es nur noch mit künstlicher Nahrung gefüttert wurde. Die ganze Familie kam an den Straßenrand. Die Säuglingswaage aus dem Frühgeborenen- Zimmer ist deutlich unhandlicher, als meine Hängewaage zu Hause, aber wir konnten sehen, dass die Kleine etwas zugenommen hat und ich hoffe, dass sie überlebt, bis sie Brei essen kann.IMG_7566

Ein paar Probleme gefällig?

Nach ein paar Wochen Aufenthalt und Mitarbeit hier, werden etliche Probleme deutlich, mit denen die Menschen hier leben müssen, manche unabänderlich, manche durchaus zu verbessern. Hier mal eine kleine Zusammenfassung von einigen, die uns begegnen:
– Stromausfälle: es vergeht fast kein Tag, an dem nicht mal zeitenweise der Strom ausfällt. Das ist normalerweise nicht so schlimm, alle sind darauf eingerichtet. Oft ist der Stromausfall auch nur wenige Stunden, aber er war auch mal fast 3 Tage weg. Viele Menschen in Isoko haben kleine Solarlampen und auch wichtige Räume des Krankenhauses (OP und Kreißsaal) und der Kühlschrank für die Impfstoffe haben eine Solar- Stromversorgung. Aber die Zentrifuge im Labor kann nicht benutzt werden und bis das batteriebetriebene Mikroskop läuft, dauert es lange. In der Wäscherei stehen zwar zwei mächtige, robuste Miele Waschmaschinen, aber ohne Strom geht auch da gar nichts und die Wäsche wird per Hand (!) gewaschen.

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Die Waschfrau bei der Arbeit

– Teenager- Schwangerschaften: viele Frauen sind viel zu jung beim ersten Kind, die jüngste war gerade erst 15 Jahre alt, viele sind 17. Das heißt: erst einmal Schulabbruch und damit deutlich schlechtere Chancen auf eine selbstbestimmte Lebensführung. Das heißt auch: unreife Knochen, enge Becken, traumatischen Geburten oder Kaiserschnitt mit all seinen Gefahren und eine hohe Gefahr, sich mit AIDS anzustecken. Die Politik ist (zur Zeit noch), den Aufklärungsunterricht erst in höheren Klassen zu machen, aus der Sorge heraus, dass die Kinder dann „auf dumme Gedanken kommen“, wenn sie zu früh wissen, wie „es“ geht. So hat man bis vor kurzem auch in Deutschland argumentiert, inzwischen sinken bei uns die Zahlen der Teenagerschwangerschaften kontinuierlich, auch dank des Aufklärungsunterrichtes schon im Grundschulalter. Davon ist man hier leider noch weit entfernt. Manche der Kinder scheinen auch gewaltsam entstanden zu sein, was man aus Bemerkungen der jungen Mütter schließen kann…
– schlechte Vorratshaltung und unaufmerksames Arbeiten im Krankenhaus: die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sind sowieso schon eingeschränkt, aber für die üblichen Krankheiten ist das Krankenhaus ausreichend ausgestattet. Die Pflegekräfte und Mediziner sind durchgehend sehr nett, den Patienten zugewandt und geben sich (meistens) Mühe. Was mich manchmal verzweifeln lässt, ist das Fehlen von Materialien oder Medikamenten auf der Station. Vor wenigen Tagen ist eine Wöchnerin an einer schweren Malaria gestorben, deren Blutzuckerspiegel extrem niedrig war, aber es waren keine Glukose- Infusionen mehr in dem Notfallschrank – es war nicht aufgefüllt worden. Seit Tagen fehlt unser Stethoskop für das Blutdruckmessgerät, ein Thermometer soll es auch schon mal gegeben haben. Es wird von irgendwem ausgeliehen und nicht mehr zurückgebracht. Die Dokumentation in den Krankenakten und die Übergabe an nachfolgende Dienste sind eine Katastrophe. Oft werden Messungen in Karteikarten eingetragen, ohne dass sie durchgeführt wurden. Das sind so ein paar der Probleme, die sich durchaus ändern lassen würden. Es gibt auch schon Ansätze dazu, aber das wird noch ein mühsamer Prozess.
– Fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten: es ist berührend zu erleben, wie die Seminare und Ideen, die ich versuche zu vermitteln, aufgesogen werden. Weiterbildungen in Tansania sind aufwendig und teuer und nur die Pflegenden oder Mediziner auf höherer Hierarchie- Ebene können manchmal daran teilnehmen. Der Zugang zum Internet ist sehr eingeschränkt, das Netz ist furchtbar langsam und wird für fachliche Fragen fast nicht genutzt. Es werden, ohne zu hinterfragen, die Standards befolgt, die vom tansanischen Gesundheitsministerium herausgegeben werden – und die sind nicht immer auf dem neusten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse.
So, jetzt hör ich mal auf mit Jammern… Ich hoffe, es ist aus allem bisher gelesenen deutlich geworden, dass die Menschen hier jede Unterstützung wert sind!

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Junge Schülerinnen kommen zum Tetanus- Impfen als Vorbereitung auf eine eventuelle Schwangerschaft
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Hermann, der Labortechniker beim Test auf Tuberkulose
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Die Tablettenrationen für eine Woche und oben rechts das Dokumentationsblatt
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Auf dem supersteilen Weg zum Markt nach Katengele

 

Seminare

Ein Ziel meiner Arbeit hier ist, Fortbildungen/Seminare für das Krankenhauspersonal durchzuführen. Nach ein paar Einstiegsproblemen über den geeigneten Zeitpunkt, haben wir seit 3 Wochen jeden Dienstag direkt nach dem Morgengebet ein Kurz- Seminar in dem großen Raum der Mutter-Kind-Ambulanz, in dem auch die Andachten stattfinden. Natürlich stehen geburtshilfliche Themen im Vordergrund, wie Gebärpositionen und Geburten aus Steißlage (wenn das Baby mit dem Popo zuerst auf die Welt kommt), aber auch Hygiene und Wiederbelebung bei Neugeborenen und Erwachsenen. Sehr gerne möchte ich auch noch ein Seminar über den Umgang mit Antibiotika halten (siehe Beitrag: Heilpflanzen). Mal sehen, ob die Zeit noch reicht.
Für die geburtshilflichen Themen hatte ich Poster, ein „knöchernes“ Becken und eine Demonstrationspuppe aus Deutschland mitgebracht. Diese Lehrmaterialien werden mit großer Begeisterung angenommen (sie bleiben natürlich hier, das Poster hängt schon im Kreißsaal) – es gibt selbst in den Fachschulen nur sehr wenige Demonstrationsmaterialien. Da es keinen Beamer gibt, habe ich kleine Lehrfilme zeitgleich auf zwei Laptops gezeigt, das ging einigermaßen gut. Da mein „perfektes“ Suahili nur zum Begrüßen, Einkaufen und notfalls für eine Geburtsbegleitung ausreicht, ist Enea die Dolmetscherin und macht das phantastisch. Luise schreibt Stichwörter auf eine mobile Tafel und Alle schreiben in Hefte, die ich beim ersten Seminar ausgeteilt hatte.

Dienstag- Morgen- Seminar
Dienstag- Morgen- Seminar
Dr. Shibanda nutzt das Seminar, um die anwesenden Schwangeren vor den Gefahren von Kräutermedizin zur Geburtseinleitung zu warnen
Dr. Shibanda nutzt das Seminar, um die anwesenden Schwangeren vor den Gefahren von Kräutermedizin zur Geburtseinleitung zu warnen

Da natürlich nie alle Mitarbeiter da sein können, versuche ich zwischendurch, wenn Zeit ist, wenigstens die Hebammen in den wichtigen Themen zu schulen und wir haben uns halb schlapp gelacht beim Ausprobieren von Hilfestellungen bei verschiedenen Geburtspositionen durch den Vater (der eigentlich nie bei der Geburt dabei ist).
Heute war das erste Seminar, das ich mit der Pflegedienstleiterin Asha vorbereitet habe – über Krankenhaus- Hygiene. Auch die Hausmeister, Fahrer und Bürokräfte waren ausdrücklich mit eingeladen. Asha ist leider etwas schüchtern und hat sich nicht so sehr beteiligt, aber mit anschaulichen Beispielen haben wir vielleicht ein paar Anstöße gegeben, nicht nur mal eben den Boden zu wischen, sondern ein bisschen genauer hinzuschauen, wo Dreck- Ecken sind.
Bei der Ankündigung des kommenden Seminares über Wiederbelebung Neugeborener sagte ich, dass das wieder eher für die Krankenschwestern/Hebammen ist. Da hat sich gleich einer der Fahrer beschwert: und wenn er mal eine schwangere Frau transportiert und das Baby wiederbeleben muss? Also dann sind natürlich alle zur Teilnahme eingeladen.
Bei der Seminar- Vorbereitung haben Asha und ich noch etliche andere Themen gesammelt, zu denen es solche kleinen Seminare geben sollte. Ich hoffe sehr, dass diese weitergeführt werden – der Wille und Wunsch ist zumindest da und vielleicht jetzt auch die Ermutigung, dass es nicht so schwierig und aufwendig sein muss.
Gestern Morgen hatte ich ein sehr schönes Erlebnis: als ich morgens in den Kreißsaal kam, war die Nacht- Hebamme noch da und hat erzählt, dass sie 3 Geburten hatte. Auf meine Frage, ob die Frauen auch in hockender Haltung geboren haben, sagte sie strahlend: „Yes, that is a very nice position!“ Da hat sich mein Aufenthalt hier schon mal gelohnt . Da sie in zwei Jahren wieder in ihre Heimat Sumbawanga ziehen wird, zieht es vielleicht sogar noch Kreise.

Die Wochenbettstation, Krankenpfleger/Entbindungspfleger Francis belehrt über Hygiene und Stillen
Die Wochenbettstation, Krankenpfleger/Entbindungspfleger Francis belehrt über Hygiene und Stillen
Eine Frisch- Mama geht am Tag nach der Geburt nach Hause, auf dem "Pickipicki" (Motorrad, mindestens zu Dritt) oder zu Fuß
Eine Frisch- Mama geht am Tag nach der Geburt nach Hause, auf dem „Pickipicki“ (Motorrad, mindestens zu Dritt) oder zu Fuß

Die Freundlichkeit der Tansanier

Die geschenkte Bananenstaude
Die geschenkte Bananenstaude

Hier in Isoko, wie auch an allen anderen Orten Tansanias, an denen ich war, herrschen ausgesprochen freundliche und höfliche Umgangsformen – nicht nur uns fremden „Wazungu“ gegenüber. Freundliches Erkundigen nach dem Wohlergehen am Morgen, ob man gut geschlafen hat, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Dazu ein halber Handschlag, manchmal ein Knicks oder eine angedeutete Umarmung. Auch der Ausdruck des Bedauerns über die Arbeit oder den Kummer/Schmerzen eines anderen ist allgegenwärtig. Ich weiß, dass das „Formeln“ sind, wie unser „Wie geht’s?“, aber es schafft eine freundliche und zugewandte Grundstimmung. Das Wort, das man mit großem Abstand am häufigsten hört, ist „Asante!“ – „Danke“ und das ist doch nun wirklich schön. Da könnten wir uns von den Tansaniern Einiges abgucken.
Immer wieder werden uns Früchte geschenkt (Avocados, „Mtopetope“ oder so ähnlich – schwer zu beschreiben: sieht am ehesten wie ein großer, geschlossener Pinienzapfen aus, aber man kann einzelne Teile herausbrechen und auslutschen – zitronig und lecker, Bananen und Mangos). Einmal begegnete und ein Krankenhausmitarbeiter auf dem Motorrad und hat uns einen großen Beutel Erdnüsse geschenkt. Heute Morgen, als ich gerade „Uji“ zum Frühstück gekocht habe und, statt Brei, von einem knackigen Samstags- Brötchen träumte, kam eines von Eneas Mädchen mit einem schönen, selbst gebackenen Vollkornbrot – wunderbar! Auch zum Gottesdienst werden Früchte, Gemüse und Eier mitgebracht und zu Gunsten der Gemeinde versteigert. Bedürftigen ein bisschen Geld zu geben, scheint auch üblich zu sein.
Eine Form der Höflichkeit ist auch, Gästen das Gepäck abzunehmen (einschließlich Handtasche) und es ins Haus zu tragen oder ein Stück auf dem Nachhauseweg zu begleiten.
Natürlich erlebe ich aus Anderes: Schwangere und junge Mütter werden manchmal ordentlich angemeckert, wenn sie nicht gleich antworten oder die notwendigen Papiere nicht dabei haben. Auf Schmerzen wird fast keine Rücksicht genommen und, meiner Meinung nach, manchmal unnötige Schmerzen zugefügt. Aber nie in böser Absicht, sondern um etwas zu säubern oder genauer zu diagnostizieren.
Was mich immer sehr berührt ist, wenn die Mutter, noch bevor sie das Kind richtig anschaut, mich als Hebamme segnet. Auch von den Großmüttern, die die Frisch- Wöchnerinnen in Empfang nehmen, bekommen wir Hebammen viele Segenswünsche. Ein bisschen komisch ist, wenn mir als Hebamme zuerst gratuliert wird und dann erst der jungen Mutter. Die Schwangeren, die in Räumen des Krankenhauses auf ihre Geburt warten, weil sie zu weit weg wohnen, kümmern sich auch sehr nett umeinander. Nicht immer kann eine Verwandte mit da sein. Vor zwei Tagen hatten wir ein junges Mädchen, 17 Jahre alt, die alleine da war. Sie hat viel geweint, weil sie sich alleine gefühlt hat, aber 5 Frauen, einschließlich der Hebamme, standen um sie herum und haben sie getröstet.
Übrigens, von den Wahlunruhen in Tansania haben wir nur gehört – Isoko war ganz friedlich, es ist wohl weit genug weg in den Bergen. Und ergänzend zu Claudia Zeisigs sehr gutem Bericht (info@herrnhuter-missionshilfe.de, Newsletter 28/2015): die CCM hat mit 2 Mill. Stimmen Vorsprung wieder gewonnen – was hier in Isoko von der Mehrheit begrüßt wird, nach dem Motto: „da weiß man, was man hat“. Hoffen wir, dass der jetzige Präsident etwas von J.K.Nyereres Klugheit und Weitsicht abbekommen hat. Letzten Samstag war in dem Losungs- Andachtsbuch „Licht und Kraft“ ein Zitat Nyereres: „Jede Unterdrückung muss überwunden werden, wenn nicht überall die Freiheit des Menschen in Gefahr geraten soll. Und Freiheit bedeutet zuerst, frei sein von Hunger und Demütigung, dann erst frei sein für eine positive Entwicklung des seelischen und geistigen Strebens. Ein hungernder, unwissender und kranker Mensch in der Völkergemeinschaft ist eine Beleidigung für Gott, der den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat.“ Da gibt es überall auf der Welt, nicht zuletzt in Deutschland, genug zu tun…

Der Ausgang vom Krankenhaus
Der Ausgang vom Krankenhaus
Meine Lieblingsbeschäftigung: gesunde Neugeborene untersuchen
Meine Lieblingsbeschäftigung: gesunde Neugeborene untersuchen
einige unserer "Warteschwangeren", zur Zeit sind es fast 3o
einige unserer „Warteschwangeren“, zur Zeit sind es fast 3o

Waisenkinder

Enea ist Krankenschwester und Sozialarbeiterin und ist die Projektkoordinatorin des Waisenprojektes in Isoko. Leider Gottes gibt e sin der Region sehr viele Waisen, oft durch den Tod der Eltern aufgrund von Aids. Die meisten können bei irgendwelchen Verwandten leben (auch bei Enea leben drei Waisenmädchen, eine davon ist ihre Nichte), oft alte Großeltern. Das Problem ist, dass sie zwar dort etwas zu essen bekommen und ein Dach über dem Kopf haben (und natürlich im Haushalt, bei der Versorgung der Tiere und auf dem Feld helfen), aber kein Geld für die Schulbildung oder gar eine Berufsausbildung vorhanden ist. Dieses zu unterstützen, ist eine Hauptaufgabe des Waisenprojektes. Es betreut zur Zeit knapp 1900 Waisen in der Region. Von Projektgeldern werden vor allem Schulgebühren, Schuluniformen und –Materialien und ähnliches bezahlt.
Vor zwei Wochen gab es hier ein Tagesseminar für einen Teil der Waisen und ihre Betreuer mit Themen zu Zuverdienst- Möglichkeiten und Gesundheitsvorsorge. Die Kinder, bzw. Jugendlichen sollen dazu ermuntert und befähigt werden, nicht nur von Spendengeldern und dem Geld ihrer Verwandten zu leben, sondern sich eigene Verdienstmöglichkeiten zu schaffen – neben der Schule her. Ein Imker war da und hat ausführlich Bienenzucht beschrieben und in der Praxis gezeigt, außerdem ein Schweinezüchter, der über Schweinehaltung referiert hat. Dazu kam eine Referentin, die Über HIV- Schutz und die Verantwortung zur Eigenständigkeit gesprochen hat. Es wurde fleißig mitgeschrieben und hinterher sollten sich die Jugendlichen in Listen eintragen, was für ein Verdienst- Projekt sie starten wollen. Die meisten wollten erstmal mit Hühnerzucht oder Ziegenhaltung anfangen. Hinterher gibt es natürlich was zu essen und – ganz wichtig – eine „Soda“. Es ist unglaublich, welche Mengen diese Kinder verschlingen können…
Am letzten Sonntag hatten wir Enea und ihre 3 Mädchen zum Essen eingeladen: Tuli, die Kleinste, etwa 9 Jahre alt, backt uns das köstliche Brot. Bitress die Mittlere, geht natürlich auch in die Schule, aber ist für die Hühner hier zuständig und kommt manchmal schon vor der Schule, reinigt die Tränken und füttert die Hühner. Neema ist schon 20 Jahre alt und bekommt bei Enea eine Ausbildung in Kochen und Schneidern. Mit den Mädchen kamen ungeplant noch zwei Waisenmädchen, die die Berufsausbildung (ebenfalls Schneiderinnen) abgeschlossen haben und jetzt dringend Nähmaschinen brauchen, um ihr Abschlusszeugnis zu bekommen. Dann wollen sie in ihre Dörfer zurück und sich als Schneiderinnen selbständig machen. Wir waren eine lustige Runde, weil wir Spaghetti gekocht hatten. Bevor die Mädchen verhungert sind, haben wir Messer ausgeteilt…
Enea ist eine unglaublich engagierte Person. Neben der Projektkoordination, der Verwaltung der Gelder, Bezahlung der Schulgelder, Organisieren der Seminare, Einkaufen von Materialien, usw., usw., bekommt sie täglich hunderte von Anrufen, wie dieser: in Mbeya lebt eines der betreuten Waisenkinder, sie ist Diabetikerin und die Sticks zum Blutzucker- messen sind leer. Diese sind (wie auch in Deutschland) sehr teuer und schwierig zu bekommen. Enea organisiert. Es ist auch wichtig, die Kinder zu besuchen und vor Ort zu sehen, wie es ihnen geht und ob sie gut betreut werden (da ist Eneas „Krankenschwestern- Blick“ gut) – aber auch Benzin ist sehr teuer.
Dieses Projekt ist jedenfalls höchst unterstützenswert, zumal es gerade Mädchen hilft, die sonst in ihrer schlechten sozialen Situation völlig unter die Räder kommen würden, ohne Chance auf ein selbstbestimmtes Leben.
Im Übrigen hat die Regenzeit angefangen und es sieht gerade so aus:WP_20151030_001

Bienenseminar
Bienenseminar
Die Waisenkinder beim Seminar
Die Waisenkinder beim Seminar
oh je - Spaghetti für Tansanier...
oh je – Spaghetti für Tansanier…

Unser Alltagsleben

Wir sind seit neuestem stolze Bewohnerinnen unseres „eigenen“ Hauses, alle Zimmer sind frisch mit weißer Farbe gestrichen (und riechen noch etwas neu). Der Handwerker, der uns im Haus herum geführt hat, sagte gleich entschuldigend: „es ist ein sehr altes Haus“ – das heißt, es funktioniert nicht alles so ganz. Das Haus hat 3 Ausgänge und am ersten Tag haben wir uns gleich mal ausgeschlossen, weil einer der Schlüssel nur von innen schließt – ein Hausmeister hat uns gerettet. Wir haben jetzt ein gemeinsames Badezimmer mit einer Badewanne (ohne Duschkopf) und natürlich nur kaltes Wasser. Also, auf eine einfache, schöne warme Dusche freue ich mich schon mal wieder… Das Haarewaschen ist mit einigen Verrenkungen verbunden, aber wir sollen ja schön sportlich bleiben. In der ersten Woche nach dem Einzug hatten wir zwei dauer-fließende Wasserhähne, neue Wasserhähne gibt es nur in Mbeya. Aber jetzt sind auch diese repariert. Außerdem haben wir jede ein Zimmer und ein riesiges Wohnzimmer mit Sofas und Sesseln. Es gibt auch einen Kamin, aber der ist sehr sauber und wir probieren ihn lieber nicht aus. Es ist ja auch gerade schön warm. Dann haben wir noch eine Küche mit einer Tiefkühltruhe, die für eine mittelgroße Gastwirtschaft dimensioniert ist – wir haben sie nur im Notfall mal an. Glücklicherweise konnten wir den Gaskocher mitnehmen und so können wir uns Wasser kochen und das Mittagessen aufwärmen. In der Küche steht auch mein Wasserfilter, der sehr gute Dienst leistet – so können wir uns Trinkwasser herstellen, ohne alles abkochen zu müssen.
Unser Alltag läuft in etwa so ab: morgens um 4 Uhr starten die 200 Hähne von Isoko einen Wettstreit, wer am lautesten krähen kann. Meistens gewinnt der Hahn vom Waisenprojekt, dessen Stall gleich neben unserem Haus steht. Ziemlich genau um 6 Uhr wird es hell (deshalb beginnt die tansanische Uhrzeit auch um 6.00 Uhr und man muss bei Verabredungen sehr aufpassen, ob man sich nach tansanischer oder „englischer“ Zeit trifft). Da wir in der Regel erst um 8.00 Uhr in die Klinik gehen, bleibt uns schön Zeit für ein gemütliches Frühstück mit Blick in die gegenüberliegenden Berge. Oft bekommen wir selbst gebackenes Brot, aber wir haben auch noch einen Rest Weißbrot und einen Toaster (siehe unten). Manchmal kochen wir uns Hirsebrei. Als Aufstrich haben wir sehr feinen Honig (auch vom Waisenprojekt), noch einen Rest Erdnussbutter und gerade eine ganze Staude süßer Bananen – sonnengereift frisch vom Baum, ein Geschenk von einem der Hausmeister.
Dann gehen wir arbeiten und können, wenn wir Glück haben, zwischendurch für eine kurze Pause nach Hause gehen – oft fällt diese allerdings aus. Gegen 15.00 Uhr sind wir dann aber meistens fertig und dann steht schon ein Mittagessen in Wärmebehältern vor der Haustür, gekocht von Neema, der „Haustochter“ von Enea. Das ist ein toller Luxus, aber Enea meinte, Neema kocht ja sowieso und dann kann sie für uns mitkochen. Auf diese Weise bekommen wir köstliches afrikanisches Essen, vielfältig und mit viel Gemüse.
Der Nachmittag vergeht sehr schnell mit Mails lesen und schreiben (abends ist die Verbindung immer schlechter), Luise sonnt sich in unserem Swimmingpool (ja, richtig gelesen! – Bild siehe unten), Wäsche waschen, Haus putzen, einkaufen, Besuche machen, Milch holen, und ähnliches. Da es um 18.00 Uhr dämmert und ab 19.00 Uhr dunkel ist, versuchen wir, um diese Zeit wieder im Haus zu sein. Wir haben zwar Taschenlampen, aber es ist wirklich dann sehr dunkel – Straßenbeleuchtung gibt es ja nicht.
Wer meint, Isoko sei ein ruhiges Dorf, den muss ich leider enttäuschen: wir werden den ganzen Tag bis weit in die Nacht hinein von lauter Musik beschallt, aus einem der Häuser unten im Dorf. Inzwischen sind wir ganz froh, wenn mal Stromausfall ist!
Zwischen 21 und 22 Uhr gehen wir meistens ins Bett – also ein absolut solider Lebenswandel.
Zum Schluss noch eine traurige Nachricht: das kleine Frühgeborene hat es leider nicht geschafft und ist am Sonntag gestorben. Es hat zusätzlich noch eine schwere Neugeborenen- Gelbsucht entwickelt, das war zu viel. Immerhin hatte es ein schönes Leben, immer ganz nah bei der Mama und ohne Nadeln und Schläuche – das ist mir ein kleiner Trost.

unser Essplatz
unser Essplatz
Luise toastet - meistens ohne Brandblasen
Luise toastet – meistens ohne Brandblasen
Unser Swimingpool
Unser Swimingpool
Bananengemüse mit "Spinat"
Bananengemüse mit „Spinat“

Hebammenarbeit

Erstmal eine Entschuldigung: beim jetzigen Durchlesen meiner Blog- Einträge entdecke ich jede Menge Schreibfehler… Also alle Deutschlehrer bitte ein Auge zudrücken. Und jetzt ein Dank: danke für alle Bemerkungen und Kommentare, über die ich mich sehr freue und die ich gerne lese! Leider weiß ich noch nicht, wie ich sie direkt auf dem Blog beantworten kann – das muss ich Joachim noch fragen. Das weitere Problem ist, dass das Internet oft so „schwach“ ist, dass ich gar nicht in den Blog hinein komme, geschweige denn, etwas hochladen kann. Also bitte gerne weiter kommentieren, auch wenn es keine Antwort gibt!
Heute möchte ich mal etwas über meine Arbeit im Krankenhaus schreiben. Die Betreuung ist anders organisiert, als in Deutschland, weil es nur sehr wenige Fachkräfte gibt, im ganzen Krankenhaus arbeiten nur 4 Ärzte, 11 halbwegs ausgebildete Krankenschwestern/Pfleger/Hebammen (Krankenpflege und Hebammenausbildung gibt es nur zusammen) und etwas über 40 Hilfskräfte, natürlich im 3-Schicht-System und mit Wochenenddiensten. Normalerweise ist eine Fachkraft zuständig für die stationären Schwangeren, die Wöchnerinnen, Frühgeborene und den Kreißsaal, eine zweite Fachkraft für die Ambulanz, dazu kommen jeweils 1 bis 2 Hilfskräfte mit einer 1 jährigen Ausbildung oder eine Schülerin.
Wenn wir morgens zum Dienst kommen, ist erst einmal eine Andacht mit Losung, Lied und einer kurzen Auslegung, an der 4 bis 8 Angestellte teilnehmen, danach ist eigentlich Übergabe vom Nachtdienst und Dienstbesprechung, aber die fällt meistens aus – was sehr schade ist. Dann schaue ich mal in den Kreißsaal und meistens ist dort auch eine Geburt im Gange. Sie haben monatlich zwischen 50 und 75 Geburten – da ist immer etwas los. Die Fachkräfte habe in der Regel eine 2 jährige Ausbildung: ein Jahr Krankenpflege, ein Jahr Hebamme. Entsprechend arbeiten sie nach „Schema F“, das heißt in diesem Fall: wenn eine Frau mit ausreichend Wehentätigkeit kommt, wird sie auf das Bett gelegt, untersucht – und dort bleibt sie dann. Sie bringt für die Geburt eine Plastikunterlage und Tücher mit, auf denen sie liegt.
Wenn es zu lange dauert, bekommt sie eine Glucose- Infusion angehängt und manchmal wird die Blase mit einem Katheter entleert. Zur Geburt wird sie in die Rückenlage gelegt. Das Kind wird dann erstmal abgenabelt, gewogen, in Tücher eingewickelt und in das Wärmebettchen gelegt (die Mutter hat es bis dahin noch nicht zu Gesicht bekommen), dann wird die Plazenta entwickelt, die Mutter bekommt eine Spritze mit (sehr viel!) Wehenmittel zur Verhinderung von Blutungen und eventuelle Risse werden genäht (glücklicherweise relativ selten – die afrikanische Haut scheint auch in dieser Region deutlich stabiler zu sein). Danach wird die Mutter (recht grob) abgewaschen, bekommt zusammengefaltete Tücher zwischen die Beine, zieht sich an und soll dann auf die Wochenstation hinüber laufen – die Schüssel mit der schmutzigen Wäsche muss sie selber tragen, die Hebamme oder Helferin trägt das Kind, eventuell noch die Tasche mit den sauberen Kleidern. Eigentlich sollte sie noch zwei Stunden zur Überwachung im Kreißsaal bleiben, aber das wird fast nie praktiziert. Im Wochenbettzimmer bekommt sie dann das Kind zum Stillen – und wird in der Regel sehr freudig von verwandten Frauen begrüßt und beglückwünscht. Diese helfen ihr dann auch, waschen die Wäsche und bringen der Mama Tee und Essen.
Was ich versuche zu vermitteln ist folgendes: die Geburt ist ein sehr dynamischer Vorgang, das Kind muss mehrere Drehungen durch das Becken machen, um gut geboren zu werden. Das heißt, die Mutter kann durch eigene Bewegungen und Körperhaltungen den Geburtsvorgang beschleunigen und vereinfachen. Das ist eigentlich auch den tansanischen Hebammen bekannt, aber wird wenig praktiziert. Einer der männlichen Hebammen sagte, dass die hockende oder kniende Geburtsposition nur bei einem Nabelschnurvorfall angewendet würde – also nur dann, wenn es wirklich superschnell gehen muss… Aber die Kolleginnen sind ganz begierig zu lernen und das, was sie mal in der Theorie in der Schule gelernt hatten, auch in der Praxis zu sehen und anzuwenden. Also werden die Frauen jetzt zum Aufstehen ermuntert, dürfen mal auf die Toilette und im Zimmer herumgehen (wenn nur eine Frau da ist), bekommen Tee und können in einer aufrechten Haltung (hocken oder knien) oder wenigstens in Seitenlage gebären. Auch bekommen sie dann erstmal die Kinder zu sich – eigentlich ist den Hebammen auch die Theorie des „Bonding“ bekannt. Danach wird in Ruhe abgenabelt und der Rest ist, wie oben beschrieben – da will ich mich nicht zu sehr einmischen und die Verwandten können sehr gut und mit mehr Ruhe beim Stillen helfen.
Das ist so ein Teil meiner Arbeit. Momentan haben wir ein Frühgeborenes, ca. 8. Schwangerschaftsmonat, mit 1400 gr. Geburtsgewicht. Es ist Vorgestern Nacht auf die Welt gekommen und lag morgens, nur in Decken gewickelt, bei der Mama im Bett – in dem eigenen Frühgeborenen- Zimmer. Auch die „Känguru“- Pflege, bei der die Kinder direkt auf die nackte Haut der Mutter gebunden werden, ist nur theoretisch bekannt – jetzt wenden wir es in der Praxis an. Als wir es aus den Decken gewickelt haben, hatte es eiskalte Füße, später bei der Mutter war es sehr schön warm. Gestern hat das Baby noch gelebt, zwar ein bisschen blau um den Mund herum, aber es trinkt etwas ausgestrichene Muttermilch, die mit Hilfe eines Flaschendeckels gefüttert wird. Später will ich mal schauen, wie es ihm geht – dann wären immerhin schon fast 3 Tage geschafft.
Soweit mal für heute – ein anderes Mal gibt es noch mehr.

Der Kreißsaal
Der Kreißsaal

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Wärmebettchen und Sauerstoff- Konzentrator - funktioniert meistens
Wärmebettchen und Sauerstoff- Konzentrator – funktioniert meistens
glückliche Mama
glückliche Mama
unser Frühchen im "Känguru- Beutel"
unser Frühchen im „Känguru- Beutel“

Wie bezahle ich meinen Pfarrer?

Am Sonntag waren wir in der Kirche, die sehr schön, hinter dem Krankenhaus in einem Waldstück liegt. Nach einigen Liedern und Chorstücken waren etwa 200 Leute da. Es predigte nicht der Ortspfarrer, sondern einer aus einer benachbarten Gemeinde, da für den Ortspfarrer Geld gesammelt wurde, um seinen Verdienst aufzubessern. Aber diese Aktion kam noch lange nicht. Erst einmal gab es diverse Chöre (einen sehr guten Chor!), Bibellesungen und eine recht lange, aber sehr lebendige Predigt von dem benachbarten Pfarrer. Sie muss sehr lustig gewesen sein, es wurde immer wieder gelacht.
Dann waren die ersten beiden Stunden rum und es wurde umgebaut. Ein Tisch und ein großer Sessel wurden aufgebaut und darin nahmen der Pfarrer und seine Frau Platz. Pfarrer bekommen nur ein ganz geringes Gehalt und dürfen nichts dazu verdienen – was sonst jede andere Berufsgruppe, einschließlich Ärzte und Krankenschwestern tun. Niemand in Tansania kann von nur einem Verdienst leben. Deshalb wird einmal im Jahr ein extra Gottesdienst gehalten, um Geld aus der Gemeinde für ihn zu sammeln. Was nun geschah, war echt interessant – es ähnelte den großen Spendenaktionen im Fernsehen. Ein Moderator erzählte, wie wenig der Pfarrer verdient, dass dieser schon alt ist und bald in Rente geht „und von was soll er dann leben? Er hat kein Haus und kein Geld um eins zu bauen“, und so ähnlich. Dann wurden die „Oberen 10 000“ und die Reichen von Isoko nach vorne auf extra Stühle gebeten. Sie hatten eine Extra Einladung für diesen Gottesdienst bekommen. Sie wurden jetzt nochmal besonders angesprochen, aber auch andere Menschen aus der Gemeinde wurden namentlich genannt.
Zuerst wurde das Gemeindekomitee (wahrscheinlich der Ältestenrat) hinaus gebeten, sie sollten sich besprechen, was der Pfarrer zusätzlich bekommen soll. Als sie mit einer Summe hereinkamen, wurden sie vom Moderator gleich wieder raus geschickt – viel zu wenig. Das nächste Mal passte es dann. Nun wurden Einzelpersonen und Gemeindegruppen nacheinander aufgerufen, um etwas zu geben, direkt einem Helfer des Pfarrers, aber es wurde vom Pfarrer und seiner Frau jedes Mal mit Handschlag und Knicks bedankt und mit vielen spontanen Gesängen und Tanzeinlagen begleitet. Wir kamen auch dran, zum Glück hatte uns Enea vorbereitet und wir haben nicht gleich alles Geld in die erste Kollekte gegeben. Rührend fand ich, dass Enea ein paar Frauen (Witwen) etwas Geld in die Hand drückte, damit diese auch dem Pfarrer was geben konnten – eigenes Geld haben sie nicht. Manche gaben auch Naturalien, wie Mais und Kartoffeln, ein Chor gab der Frau einen schönen Kitenge und dem Pfarrer Stoff für einen neuen Anzug. Das Ganze war erstaunlich kurzweilig, obwohl es sich nochmal fast 2 Stunden hinzog, der Moderator war wirklich gut. Am Schluss wurde alles zusammengezählt, es kam etwa 420€ zusammen. Das klingt nicht schlecht, aber ist ja nur einmal im Jahr, für Schulgeld für die Kinder (das mal locker 200 €/Jahr sein kann) und irgendwie Rente.
Danach gab es natürlich noch eine Dankesrede und den Segen. Schön, wenn die Melodien bekannt sind, auch wenn sie im ¼ Tempo wie bei uns gesungen werden. Dann sagte der Prediger, dass er das Fürbittengebet vergessen hat und es wurde noch einmal gebetet – und zwar frei, durcheinander, jeder laut (zT. sehr laut und ein bisschen hysterisch) vor sich hin. Danach war der Gottesdienst dann wirklich vorbei, es wurden noch 2 Avocados und ein paar Kartoffeln versteigert und dann gab es im Pfarrhaus Essen. Manche kamen von weit her und für andere war es ein kleines Dankeschön. Es gab einen riesen Topf Reis, Bohnen, Gemüse und ein bisschen Fleisch für jeden.
Wär das nicht mal was, um die Pfarrer der Brüdergemeine in Deutschland zu bezahlen 😉

Die Kirche von Isoko
Die Kirche von Isoko
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Im Gottesdienst